Besonderheiten beim Grundstückskaufvertrag mit einem Testamentsvollstrecker (Teil I)

Ist über den Nachlass eines verstorbenen Grundstückeigentümer Testamentsvollstreckung angeordnet, so hat der Testamentsvollstrecker den Nachlass zu verwalten. Er ist insbesondere berechtigt, den Nachlass in Besitz zu nehmen und über die Nachlassgegenstände zu verfügen (§ 2205 BGB). Soll eine nachlasszugehörige Immobilie veräußert werden, so ist hierzu nicht der Erbe, sondern allein der Testamentsvollstrecker berufen. Bei einem Verkauf durch den Testamentsvollstrecker sind für den beteiligten Notar einige gesetzliche Besonderheiten zu beachten. Zu zwei wichtigen Aspekten hat sich erst kürzlich die Rechtsprechung geäußert, sodass auf diese noch einmal ein genaueres Augenmerk gelegt werden soll.

Verlust der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers

Veräußert der Testamentsvollstrecker ein Nachlassgrundstück, so muss er ein Testamentsvollstreckerzeugnis in Ausfertigung vorlegen. Dieses Zeugnis schützt den Käufer zwar grundsätzlich in seinem guten Glauben an die Verfügungsbefugnis des Vollstreckers; dies gilt allerdings aufgrund ausdrücklicher gesetzliche Anordnung nicht hinsichtlich des Fortbestands des Amtes (§ 2368 S. 2 Hs. 2 BGB). Für den Käufer bedeutet daher eine während der Vertragsabwicklung erfolgte Amtsenthebung des Vollstreckers oder ein Erlöschen dessen Amtes aufgrund Amtsniederlegung oder Tod, dass er trotz guten Glaubens ggf. keine Eigentumsvormerkung oder Eigentum an der Immobilie erwerben kann.

Keine entsprechende Anwendung von § 878 BGB

Diese Risikolage des Käufers versucht eine stark vertretene Auffassung in der Literatur dadurch aufzulösen, in dem die Vorschrift des § 878 BGB angewendet wird. Danach wird eine Verfügungserklärung des Verfügungsberechtigten nicht dadurch unwirksam, dass er in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamt gestellt worden ist. Ist also ein Antrag auf Eintragung einer Vormerkung oder auf Eigentumsumschreibung bei Gericht eingegangen, so wäre der Käufer nach dieser Auffassung vor einem Wegfall der Verfügungsbefugnis geschützt. Bedauerlicherweise haben sich die Obergerichte dieser Auffassung nicht angeschlossen, da es bei einem Testamentsvollstrecker nicht um eine Beschränkung, sondern um einen vollständigen Wegfall der Verfügungsbefugnis handele. Nunmehr hat auch das OLG Naumburg in einem aktuellen Beschluss (Beschl. v. 17.03.2020, Az. 12 Wx 51/19) diese restriktive Auffassung bestätigt und eine Umschreibung des Eigentums auf den Käufer aufgrund der zuvor erfolgten Amtsenthebung des Testamentsvollstreckers.

Fazit

Die vorzitierte Rechtsprechung bringt für Käufer erhebliche Risiken mit sich. Letztlich kann sich nicht einmal auf erfolgte Eintragungen im Grundbuch verlassen, sondern erlangt letzte Gewissheit erst in dem Moment, indem er als Eigentümer eingetragen wird und der Testamentsvollstrecker sein Amt noch Inne hatte. Für den Notar bedeutet diese Ausgangslage, dass er durch seine spezielle Vertragsgestaltung den Käufer vor den vorbeschriebenen Risiken schützen muss. Praktisch erfolgt dies dadurch, dass der Notar bereits nach Eintragung der Auflassungsvormerkung anhand einer Überprüfung der Nachlassakte und durch Nachfrage beim Testamentsvollstrecker sicherstellt, dass die Verfügungsbefugnis fortbesteht. Auch nach erfolgter Kaufpreiszahlung und Eigentumsumschreibung sollte die Käufervormerkung erst im Grundbuch gelöscht werden, wenn sichergestellt ist, dass die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers auch zum Zeitpunkt des Eigentumswechsels fortbestanden hat. Zusätzliche Sicherheit kann in besonderen Fällen durch eine Vertragsabwicklung über Notaranderkonto erreicht werden.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

3 Jul, 2022

Weitere Themen

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Akten
Besonderheiten im Grundstückskaufvertrag bei mitveräußerten Photovoltaikanlagen

Besonderheiten im Grundstückskaufvertrag bei mitveräußerten Photovoltaikanlagen

Wird eine bestehende Aufdach Photovoltaikanlage mitveräußert, muss dies im Grundstückkaufvertrag ausdrücklich geregelt werden. Auf diese Weise muss sich der Erwerber nicht auf gesetzliche Vermutungen verlassen, es können noch bestehende Gewährleistungs- und Garantieansprüche des Verkäufers mitübertragen und die Überleitung des existierenden Stromeinspeisungsvertrags geregelt werden. Schließlich kann die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer gesenkt werden.

Mehr

Steuerrecht
Schenkungsteuer durch Gewährung eines niedrig verzinslichen Darlehens

Schenkungsteuer durch Gewährung eines niedrig verzinslichen Darlehens

Wird bei Zahlungsverpflichtungen ein Zinsverzicht vereinbart oder sich auf einen lediglich symbolischen Zins geeinigt, besteht das Risiko einer schenkungsteuerlichen Erfassung. Die Finanzverwaltung und die untergerichtliche Rechtsprechung sieht in der Einräumung eines zu niedrig verzinsten Darlehens eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 ErbStG.

Mehr

SteuerrechtUnternehmensrecht
Notarieller Berichtigungsvermerk zu einem Gewinnabführungsvertrag hat keine steuerliche Rückwirkung

Notarieller Berichtigungsvermerk zu einem Gewinnabführungsvertrag hat keine steuerliche Rückwirkung

Was passiert, wenn die notarielle Urkunde einen offensichtlichen Fehler oder eine Lücke enthält? Solche offensichtliche Unrichtigkeiten können auch nachträglich durch einen vom Notar zu unterschreibenden Nachtragsvermerk richtiggestellt werden (§ 44a Abs. 2 BeurkG). Der BFH hat nun in steuerlichen Hinsicht eine rückwirkende Wirkung eines derartigen Vermerks abgelehnt.

Mehr

Notare internUnternehmensrecht
Digitalization of the Notary’s Office Part 2 – Online Video Notarization or Certification

Digitalization of the Notary’s Office Part 2 – Online Video Notarization or Certification

Since August 1, 2022, it has been possible to establish a GmbH or a UG (limited liability company) in a newly created video notarization procedure and to pass the accompanying resolutions at the same time (appointment of managing directors). In addition, applications to most public registers (commercial register, register of cooperatives or partnership register) can now be certified online.

Mehr

Unternehmensrecht
Brücker und Klühs Notare
Notarielle Beurkundungserfordernisse bei Wandeldarlehensvereinbarungen

Notarielle Beurkundungserfordernisse bei Wandeldarlehensvereinbarungen

Da mit dem Abschluss des Wandeldarlehensvertrags weder eine unmittelbare Kapitalerhöhung verbunden, noch eine direkte Übernahme vom Geschäftsanteilen verbunden ist, wurde auch bei einer GmbH bisher eine Beurkundungspflicht gemeinhin abgelehnt. Das OLG Zweibrücken hat nun den gegensätzlichen Standpunkt vertreten und eine Wandeldarlehensvereinbarung mit Wandlungsverpflichtung mangels Beglaubigung gem. § 55 Abs. 1 GmbHG für formnichtig erklärt. Für die Praxis ergeben sich aus der Entscheidung erhebliche Haftungsrisiken.

Mehr

Nachfolgeplanung und Vorsorge
Brücker und Klühs Notare
Zulässigkeit von In-sich-Geschäften des Testamentsvollstreckers

Zulässigkeit von In-sich-Geschäften des Testamentsvollstreckers

Nach der Rechtsprechung spricht der Umstand, dass der Erblasser einen Miterben zum Testamentsvollstrecker berufen hat, dafür, dass eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) gewollt war. Dies hat kürzlich auch noch einmal das OLG Köln (Beschluss vom 05.10.2022 – 2 Wx 195/22) bestätigt.

Mehr

ImmobilienrechtSteuerrecht
Brücker und Klühs Notare
Spekulationssteuer bei Veräußerung eines durch Erbteilserwerb angeschafften Grundstücksanteils

Spekulationssteuer bei Veräußerung eines durch Erbteilserwerb angeschafften Grundstücksanteils

Auch bei einem entgeltlichen Grundstückserwerb von den Miterben im Zusammenhang mit einem Erbfall ist zu beachten, dass darin in der Regel steuerlich eine Anschaffung liegt, die bei einer Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist zu einer Besteuerung des Veräußerungsgewinns führen kann. Das FG München hat dies kürzlich für einen Fall entschieden, in dem ein Miterbe die Erbanteile am Gesamtnachlass von den anderen Erben und damit mittelbar auch deren Mitbeteiligung an den im Nachlass befindlichen Grundstücke erworben hatte.

Mehr

Unternehmensrecht
Außerordentliche Kündigung wegen Verschmelzung des Vertragspartners

Außerordentliche Kündigung wegen Verschmelzung des Vertragspartners

Mit einer Verschmelzung nach § 2 UmwG bezwecken die hieran beteiligten Rechtsträger nicht selten die Herbeiführung der sog. Gesamtrechtsnachfolge. Diese gilt auch Vertragsverhältnisse. Die Rechtsprechung gewährt jedoch ein Sonderkündigungsrecht, wenn die Vertragsfortsetzung für den Vertragspartner unzumutbar ist.

Mehr

Notare internUnternehmensrecht
Datenschutz im Handelsregister

Datenschutz im Handelsregister

Durch eine Gesetzesänderung zur Umsetzung der EU-Digitalisierungsrichtlinie sind im Online-Portal der Handels- Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister seit 1. August 2022 sämtliche Inhalte ohne vorherige Registrierung und kostenfrei abrufbar. Das dadurch virulent gewordene Datenschutzproblem führte zu einer Änderung der Handelsregisterverordnung und bedingt eine angepasste Verfahrensweise im Notariat.

Mehr

Nachfolgeplanung und Vorsorge
Keine Sittenwidrigkeit eines Pflichtteilserlasses durch einen Sozialhilfeempfänger

Keine Sittenwidrigkeit eines Pflichtteilserlasses durch einen Sozialhilfeempfänger

Bereits im Jahr 2011 hat der BGH entschieden, der zu Lebzeiten des Erblassers beurkundete Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialleistungsbeziehers sei grundsätzlich nicht sittenwidrig. Nunmehr hat mit dem OLG Hamm ein erstes Obergericht diese Rechtsprechung auf einen nach dem Tod des Erblassers gegenüber den Erben erklärten Pflichtteilserlass übertragen.

Mehr