Die Pflicht des Notars, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des eines Grundstückskaufvertrags zu belehren, umfasst auch die Belehrung über Verfügungsbeschränkungen des Verkäufers, die sich aus dem Grundbuch, aber auch aus Rechtsvorschriften des Güterrechts, Erbrechts oder Familienrechts ergeben können. Wenn ein verheirateter Verkäufer Vertragsbeteiligter ist und er nicht durch Ehevertrag Gütertrennung vereinbart oder zumindest ausdrücklich güterrechtliche Verfügungsbeschränkungen ausgeschlossen hat, so ist ein etwaiges Zustimmungserfordernis seines Ehegatten gemäß § 1365 BGB zu beachten.
Gesamtvermögensgeschäft
Danach kann ein Ehegatte sich nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Über den Wortlaut hinaus greift die Vorschrift aber auch dann ein, wenn ein Einzelgegenstand übertragen wird, solange dieser nahezu das ganze Vermögen ausmacht. Dies ist bei der Veräußerung von Immobilien regelmäßig nicht auszuschließen.
Um zu ermitteln, ob ein Gesamtvermögensgeschäft vorliegt, ist nach der Rechtsprechung der Wert des veräußerten Grundstücks mit dem sonstigen Vermögen des Ehegatten zu vergleichen. Eine Zustimmungspflicht besteht erst dann, wenn das betreffende Grundstück mehr als 90 % des Gesamtvermögens ausmacht. Bei kleineren Vermögen unter 150.000 € kann die Zustimmung bereits bei einem Überschreiten einer 85 %-Schwelle eingreifen.
Bedarf die Veräußerung des Grundbesitzes der Zustimmung des anderen Ehegatten, so ist bis zu deren Erteilung der gesamte Vertrag unwirksam.
Fall des OLG München
Welche praktischen Probleme das aus dem Grundbuch nicht ersichtliche Veräußerungsverbot nach § 1365 BGB bereiten kann, zeigt eine aktuelle Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 15.9.2022 – 34 Wx 114/22). Ein Ehemann machte im Grundbuchverfahren geltend, ein Schenkungsvertrag seiner Ehefrau mit einer aus den Kindern und einem Enkelkind bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Recht über ein werthaltiges Hausgrundstück sei mangels seiner Zustimmung unwirksam. Der Ehemann und das die Eintragung ablehnende Grundbuchamt stützten sich auf entsprechende Gutachten, die belegten, dass das veräußerte Grundstück die Wesentlichkeitsschwelle von 90 % überschritt.
Subjektives Element entscheidend
Der OLG Senat konnte dagegen offenlassen, ob tatsächlich ein objektiv ein zustimmungspflichtiges Geschäft vorlag. Vielmehr hob er hervor, dass zur Anwendung des § 1365 BGB subjektiv weiter erforderlich sei, dass der Erwerber positiv wisse, dass es sich bei dem Geschäftsobjekt um das gesamte Vermögen seines Gegenübers handele, oder dass er zumindest die Umstände kenne, aus denen sich dies ergebe. Dieses subjektive Element war bei den erwerbenden Abkömmlingen der Ehefrau mangels gutachtenbasierter Kenntnis über Wertverhältnisse nicht gegeben. Somit musste das Grundbuchamt die beantragte Eigentumsumschreibung auch ohne Ehegattenzustimmung vollziehen.
Fazit
Für Notare ist in ihrer Beurkundungspraxis häufig schwierig zu beurteilen, ob die Voraussetzungen eines güterrechtlichen Zustimmungserfordernisses vorliegen. Solange aber keine validen Anhaltspunkte für eine entsprechende subjektive Kenntnis des Erwerbers betreffend die Vermögensverhältnisse des Veräußerers vorliegen, sollte sich der Notar mit allzu intensiven Belehrungen zurückhalten, da er anderenfalls den Erwerber mit einer etwaigen Offenlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in vielen Fällen möglicherweise erst „bösgläubig” machen würde.
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