Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WeMoG), das am 01.12.2020 Inkrafttreten ist, hat das Recht des Wohnungseigentums in vielen Bereichen grundlegend reformiert.
Geborene und Gekorene Ausübungsbefugnis bzgl. Mängelrechte
Bereits zur alten Rechtslage war jedoch anerkannt, dass Geltendmachung von Mängel am Gemeinschaftseigentum gegenüber dem Bauträger weitgehend nur einheitlich durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erfolgen kann. Zwingend war dies für die sog. „Sekundäransprüche“ wie Kaufpreisminderung und/oder kleinem Schadensersatz. Da diese beiden Rechte an die Stelle des Nacherfüllungsanspruchs treten, zielen sie auf die Herbeiführung des geschuldeten Leistungserfolgs ab und sind daher unteilbar. Somit müssen Sekundäransprüche nach der Rechtsprechung zwingend durch die Gemeinschaft wahrgenommen und Zahlung an die Gemeinschaft verlangt werden (sog. geborene Ausübungsbefugnis). Diese Rechtsprechung gilt nun nach der Neufassung des § 9a Abs. 2 WEG erst Recht.
Der primäre Mängelanspruch gegen den Bauträger auf Nacherfüllung steht dagegen grundsätzlich dem einzelnen Erwerber allein zu. Nach bisher herrschender Auffassung bestand jedoch eine Beschlusskompetenz, diese primären Mängelansprüche zu vergemeinschaften (sog. gekorene Ausübungsermächtigung). Nach der Neufassung des § 9a Abs. 2 WEG war fraglich, ob an dieser Rechtsfigur noch festgehalten werden kann.
BGH bestätigt gekorene Ausübungsbefugnis nach WeMoG
Diese Frage hat der BGH nun in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 11. November 2022 – V ZR 213/21) geklärt.
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hatte den Bauträger wegen auf dem Grundstück befindlicher Altlasten auf Beseitigung in Anspruch genommen. Durch das im Prozessverlauf inkraftgetretene WeMoG stellte sich nun die Frage, ob die WEG überhaupt noch prozessführungsbefugt war. Dies bejahten die Bundesrichter uneingeschränkt. Eine Vergemeinschaftung der auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche der Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss werde durch § 9a Abs. 2 WEG nicht ausgeschlossen. Die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebe sich in der Sache unverändert aufgrund der Verwaltungsbefugnis für das gemeinschaftliche Eigentum sowie der in § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG geregelten Pflicht zu dessen Erhaltung. Hierfür spreche nicht zuletzt die Gesetzesbegründung, der zufolge die bisherige Rechtsprechung des BGH zum Bauträgerrecht fortgelten sollte.
Fazit
Nach der Entscheidung des BGH bleibt es Sache der Wohnungseigentümer, in der Eigentümerversammlung darüber zu befinden, auf welche Weise Mängel am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen sind. Ordnungsmäßiger Verwaltung wird es auch weiterhin in aller Regel entsprechen, einen gemeinschaftlichen Willen darüber zu bilden, wie die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu bewirken ist und ggf. welche vertraglichen Ansprüche geltend gemacht werden sollen.
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