Haftung des Verkäufers für unzutreffende Eigenschaftsangabe im Exposé

Für die Frage, ob bei einer verkauften Immobilie ein Mangel vorliegt, für den der Verkäufer einzustehen hat, ist nach dem Gesetz zunächst auf die vereinbarte oder übliche Beschaffenheit der Kaufsache abzustellen. Besonderes Augenmerk ist dabei auch auf Beschaffenheitsmerkmale zu legen, die der Käufer aufgrund von öffentlichen Aussagen des Verkäufers oder in der Werbung für die Kaufsache abgegeben wurden, erwarten kann (vgl. § 434 Abs. 3 Nr. 2 b) BGB). Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH zählen hierzu auch Angaben über eine Immobilie in einem Exposé.

Allgemeiner Haftungsausschluss zieht nicht bei Arglist

Ist dem Verkäufer die fehlerhafte Information im Exposé bekannt und macht er den Käufer nicht darauf aufmerksam, hilft auch der im Kaufvertrag vereinbarte allgemeine Ausschluss der Mängelhaftung für das Kaufobjekt nicht weiter. Bekanntlich kann sich der Verkäufer auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 444 BGB). Im Einzelfall kann es dem Verkäufer aber helfen, wenn er darlegen kann, dass seine Äußerung die Kaufentscheidung des Käufers nicht beeinflusst hat. In diesen Fällen ist er an die falsche Information im Exposé nicht gebunden (§ 434 Abs. 3 Satz 3 BGB).

Beeinflussung des Käufers durch Exposé bis Kaufvertragsabschluss möglich

Der BGH hatte nun in einem aktuellen Fall zu entscheiden, wie lange der Käufer potentiell durch ein fehlerhaftes Exposé beeinflussbar bleibt. Nach einer Objektbesichtigung hatte die Klägerin mit E-Mail vom 11.10.2015 gegenüber dem Makler erklärt, die Immobilie für 1,5 Millionen Euro kaufen zu wollen. Anschließend verschickte der Makler ein Exposé und eine Visualisierung zu den ursprünglich einmal geplanten Bau- und Umbaumaßnahmen. Der Käuferin war zwar bewusst, dass eine insoweit erteilte Baugenehmigung bereits verfristet war. Ihr wurde jedoch nicht mitgeteilt, dass eine Bauamtsmitarbeiterin der Verkäuferin bereits Anfang 2015 mitgeteilt hatte, der geplante Dachgeschossausbau und Umbau, wie visualisiert, sei nicht nicht genehmigungsfähig. Am 23.10.2015 wird der Kaufvertrag beurkundet. Gestützt auf die Behauptung, die Angaben in Exposé und Visualisierung seien bewusst wahrheitswidrig erfolgt, verlangt die Klägerin Schadensersatz.

Die Vorinstanzen hatten die Klage mit dem Argument abgelehnt, eine Beeinflussung der Kaufentscheidung durch das Exposé und die Visualisierung sei ausgeschlossen, da diese erst nach der Kaufabsichtserklärung gegenüber dem Makler versandt wurden. Der BGH stellt dagegen heraus, dass die finale Kaufentscheidung erst im Zeitpunkt des notariell beurkundeten Kaufvertragsabschlusses  falle. In diesem Zeitpunkt aber hatte die Klägerin die fragliche Visualisierung bereits vom Makler erhalten. Da ein Käufer auch noch im Notartermin Abstand vom Geschäft nehmen könne, sei nicht auszuschließen, dass er auf Grundlage von bis dahin oder im Beurkundungsvorgang selbst erlangten Informationen seinen zunächst gefassten Kaufentschluss aufgibt.

Fazit

Die Entscheidung weitet die Haftung des Verkäufers für bewusst falsche Exposéangaben erneut aus. Eigentümer einer Immobilie sollten zusammen mit involvierten Maklern die Angaben im Exposé sehr sorgfältig zusammenstellen und vor Versand an potentielle Interessenten nochmals überprüfen.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

1 Okt, 2022

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