Nach § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG hat der Notar den Willen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären und über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren. Bestehen Zweifel, ob das Geschäft dem Gesetz oder dem wahren Willen der Beteiligten entspricht, sollen die Bedenken mit den Beteiligten erörtert werden (§ 17 Absatz 2 S 1 BeurkG). Der Notar hat dabei in allen Phasen seiner Tätigkeit den sichersten Weg zu gehen, das heißt den Beteiligten zur sichersten Gestaltung zu raten und dafür zu sorgen, dass ihr Wille diejenige Rechtsform erhält, die sämtliche Wirksamkeitszweifel ausschließt.
Notar zur Überprüfung von Klauseln im Bauträgervertrag verpflichtet
Bei einem Bauträgerkaufvertrag gehört deshalb zu den Pflichten des Notars, die vom Bauträger regelmäßig verwendeten AGB-Klauseln, auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Stellt sich eine im Vertrag enthaltene Klausel als unwirksam heraus, muss der Notar die Vertragsparteien darauf hinweisen und die Beurkundung ablehnen. Aber auch wenn sich die rechtliche Wirksamkeit einer Klausel nicht zweifelsfrei klären lässt, darf der Notar das Rechtsgeschäft erst dann beurkunden, wenn die Parteien nach Belehrung über die offene Rechtsfrage und das mit ihr verbundene Risiko auf der Beurkundung bestehen.
Unwirksamkeit einer Abnahmeklausel, wenn Bindung des Käufers an Sachverständigenfeststellung
Dieser Pflichtenumfang hat in einem kürzlich vom OLG Celle entschiedenen Fall (Urt. v. 1. Febr. 2023, Az. 3 U 60/22) zu einer Haftung des beurkundenden Notars geführt. Dieser hatte in einer Vielzahl von Fällen Bauträgerverträge über Eigentumswohnungen beurkundet, in denen die Abnahme des Gemeinschaftseigentums in der Weise erfolgen sollte, dass dieses zunächst durch einen von der WEG beauftragten Sachverständigen in technischer Hinsicht untersucht und sodann vom Käufer rechtsgeschäftlich abgenommen wird. Dabei war der Käufer jedoch an die Feststellungen des Sachverständigen gebunden und bei Nichtfeststellung wesentlicher Mängel zur Abnahme verpflichtet.
Notarhaftung für fehlende Aufklärung des Bauträgers
Daran erkannte das OLG ein Unterlaufen des Käuferrechts zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums, da ihm durch die Bindung an das Prüfungsergebnis des Sachverständigen faktisch keinerlei Einfluss mehr auf die Abnahmeentscheidung verblieb. Insofern sei die Klausel wegen unangemessener Benachteiligung des Verbrauchers unwirksam (§ 307 Abs. 1 BGB). Als Folge hieraus waren die auf Grundlage der Klausel tatsächlich erfolgten Abnahmen ihrerseits unwirksam, sodass die Sachmängelgewährleistungsfristen der Käufer in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum noch nicht in Gang gesetzt waren. Für etwaige sich hieraus ergebende Schäden des Bauträgers habe der Notar einzustehen.
Zugunsten des klagenden Bauträgers vermutete das Gericht schließlich auch, dass dieser sich bei pflichtgemäßen Handeln des Notars beratungsgemäß verhalten hätte. Bei unterstellten Hinweis auf die Unwirksamkeit der Abnahmeklausel wäre nicht diese, sondern stattdessen eine wirksame verwendet worden.
Fazit
Der Fall zeigt exemplarisch, dass es für Notar bei der Vertragsgestaltung nicht zielführend ist, ihren Beteiligten „nach dem Mund zu reden“. Auch wenn eine Vielzahl von Abnahmen des Gemeinschaftseigentums durch Erwerber für den Bauträger mühsam sein kann; es ist ihm mehr damit gedient, wenn der Notar die Unwirksamkeit einer vertraglichen Beeinträchtigung des eigenen Abnahmerechts des Käufers von Anfang klar benennt und anstelle dessen wirksame und annähernd genauso effektiven Alternativen vorschlägt.
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