Das Finanzierungsinstrument des Wandeldarlehens wird häufig bei mittelständischen Unternehmen und Start-ups eingesetzt, weil durch dessen Gewährung langwierige Diskussionen bezüglich der Unternehmensbewertung in die Zukunft verschoben können. Insbesondere in frühen Unternehmensphasen, in denen es an verlässlichen Kriterien zur Unternehmensbewertung mangelt, bietet sich das Wandeldarlehen an, um dem Investor einerseits ein klar definiertes Wandlungsrecht seines Darlehens in Gesellschaftsanteile einzuräumen und der Gesellschaft auf der anderen Seite eine unkomplizierte und effektive Unternehmensfinanzierung zu ermöglichen.
Nach bisher herrschender Meinung keine Beurkundungsbedürftigkeit
Das aus dem Vertrag sich ergebende Wandlungsrecht bzw. der Anspruch des Investors auf Wandlung richtet sich zwar primär gegen die Gesellschaft, oftmals werden darüber hinaus aber auch Stimmbindungsvereinbarungen in Bezug auf die später erforderliche Kapitalerhöhung mit den Altgesellschaftern getroffen. Da mit dem Abschluss des Wandeldarlehensvertrags weder eine unmittelbare Kapitalerhöhung verbunden, noch eine direkte Übernahme vom Geschäftsanteilen verbunden ist, wurde auch bei einer GmbH bisher eine Beurkundungspflicht gemeinhin abgelehnt. Das galt auch für die Verträge, in denen für den Darlehensgeber unter bestimmten Bedingungen eine Wandlungspflicht besteht.
Urteil des OLG Zweibrücken bringt Rechtsunsicherheit
Das OLG Zweibrücken hat nun in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 17.5.2022 – 8 U 30/19) den gegensätzlichen Standpunkt vertreten und eine Wandeldarlehensvereinbarung mangels Beurkundung für formnichtig erklärt. Eine GmbH hatte mit einer Privatperson und einer schweizerischen AG jeweils einen privatschriftlichen Wandeldarlehensvertrag abgeschlossen. Die Verträge sahen eine Wandlungspflicht für den Fall einer bestimmten Erhöhung des Gesellschaftskapitals sowie ein zeitlich begrenztes, jederzeitiges Wandlungsrecht der Darlehensgeber vor. Nachdem ein Investor von seinem Wandlungsrecht Gebrauch gemacht hatte, berief sich die Gesellschaft und deren Mehrheitsgesellschafterin auf die Formunwirksamkeit der der Wandeldarlehen. Nachdem die Wandeldarlehensgeber die Rückzahlung der Darlehen verlangten und die GmbH Insolvenz anmelden musste, nahm der Insolvenzverwalter den GmbH-Geschäftsführer wegen verspäteter Insolvenzantragsstellung.
Das OLG bejahte für die zurückliegenden Geschäftsjahre sowohl den Insolvenzgrund der Überschuldung, als auch den der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft, da die Wandeldarlehensvereinbarung formunwirksam gewesen sei. Die Wandlungsverpflichtung gesellschaftsfremder Personen hätte nach § 55 Abs. 1 GmbHG mindestens notariell beglaubigt werden müssen, was gem. § 139 BGB die Formnichtigkeit des gesamten Vertragswerks zur Folge gehabt habe. Wegen der Ermächtigung der Geschäftsführung, sich zu einer zukünftigen Kapitalerhöhung bei Ausübung der Wandlungsoption zu verpflichten, spreche überdies auch viel für eine diesbezügliche Beurkundungsbedürftigkeit des zugrundeliegenden Beschlusses nach § 53 Abs. 2 GmbHG.
Fazit
Das Urteil des OLG Zweibrücken ist nicht rechtskräftig; die Revision ist beim BGH anhängig. Auch wenn man den Ausführungen des Gerichts nicht folgen mag, dürfte es sich für die Praxis angesichts der unkalkulierbaren Haftungsrisiken zukünftig empfehlen, zumindest die Erklärung des Wandeldarlehensgebers notariell zu beglaubigen. Ermächtigen die Altgesellschafter darüber hinaus die Geschäftsführung, eine Verpflichtung zur Kapitalerhöhung einzugehen, sollte dieser Beschluss vorsichtshalber beurkundet werden.
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