Probleme bei der Rückgängigmachung eines grunderwerbsteuerbaren Rechtsgeschäfts

Scheitert ein Immobiliengeschäft nachdem der Käufer bereits als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurde, so ist der Käufer im Rahmen der Rückabwicklung verständlicherweise bestrebt, die bereits entrichtete Grunderwerbsteuer in Höhe von 6,5 % des Kaufpreises zurückerstattet zu bekommen. Ein aktuell vom Bundesfinanzhof entschiedener Fall zeigt die Notwendigkeit, sich die gesetzlichen Voraussetzungen einer derartigen Rückerstattung noch einmal vor Augen zu führen.

Gesetzliche Voraussetzungen für die Rückerstattung

Gemäß § 16 Abs. 2 GrEStG wird die Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn

  • der Rückerwerb innerhalb von 2 Jahren seit der Steuerentstehung erfolgt (Nr. 1)
  • der zugrundliegende Vertrag nichtig war oder aufgrund Anfechtung nichtig geworden ist (Nr. 2)
  • Bedingungen des Erwerbsvertrags nicht erfüllt werden und das Geschäft deshalb aufgrund eines Rechtsanspruch rückgängig gemacht wird (Nr. 3).

Sachverhalt des BFH-Falles

Im vom BFH entschiedenen Fall erwarb die Klägerin eine neu zu errichtende Eigentumswohnung vom Bauträger, die laut Kaufvertrag eine Wohnfläche von „ca. 270 qm“ aufweisen sollte. Eine Anlage zur Teilungserklärung gab die Wohnfläche dagegen lediglich mit 256 qm an. Im Vertrag war das Rücktrittsrecht ausgeschlossen, sofern nicht ein schwerer und unbehebbarer Mangel vorliegt. Nach Ablauf von zwei Jahren kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten über die genaue Größe der Wohnung. Nachdem ein von der Klägerin beauftragter Sachverständiger lediglich eine Wohnfläche von 218 qm ermittelt hatte, einigten sich die Beteiligten in notarieller Urkunde über eine Rückabwicklung des Kaufs. In der Urkunde wurde festgehalten, dass die Käuferin in ihr Recht zur Rückgängigmachung des Kaufvertrags ausgeübt habe und die Voraussetzungen des Gewährleistungsanspruchs vorgelegen hätten.

BFH zieht der Steuererstattung gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG enge Grenzen

Im Raum stand, aufgrund der des Ablaufs der 2-Jahresfrist, lediglich eine Rückabwicklung gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG. Der BFH (Urteil v. 19.02.2020, Az. II R 4/2018) hält die Voraussetzung dieser Norm allerdings nicht für erfüllt. Da die Wohnfläche im Kaufvertrag nur circa angegeben sei, gelte die in der Teilungserklärung vorausgesetzte Größe von 256 qm als vereinbart. Ein laut Vertrag für die Rückgängigmachung erforderlicher schwerer Mangel liege deshalb nicht vor, weil hierfür eine Unterschreitung der vereinbarten Wohnfläche von mindestens 10 % erforderlich sei. Nur eine solche führe zu einem mietvertraglichen Mangel und damit zu einer jahrzehntelangen Ertragsminderung. Auch unter Zugrundelegung der für die Klägerin günstigsten Auslegung konnte das Gericht allerdings keine Wohnfläche geringer als 232,47 qm ermitteln, was keine Flächendifferenz von 10 % bedeutete. Schließlich konnten auch die Feststellungen in der notariellen Rückgewährurkunde kein anderes Ergebnis rechtfertigen, da für § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG ein eigenständiger Rechtsanspruch auf Rückgängigmachung erforderlich sei und es nicht ausreiche, wenn nach Ablauf von 2 Jahren ein solcher Anspruch lediglich im Wege des Vergleichs erstmals begründet werde.

Fazit

Nach Ablauf von zwei Jahren ist eine Erstattung der Grunderwerbsteuer bei Rückabwicklung von Grundstücksaufverträgen nur noch unter strengen Voraussetzungen möglich. Dabei erschweren die in Bauträgerverträgen üblichen Rücktrittsbeschränkungen auf Fälle von „schweren Mängeln“ später einvernehmlich gewünschte Rückabwicklungen der Verträge in grunderwerbsteuerlicher Hinsicht.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

17 Jan, 2022

Weitere Themen

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Akten
Besonderheiten im Grundstückskaufvertrag bei mitveräußerten Photovoltaikanlagen

Besonderheiten im Grundstückskaufvertrag bei mitveräußerten Photovoltaikanlagen

Wird eine bestehende Aufdach Photovoltaikanlage mitveräußert, muss dies im Grundstückkaufvertrag ausdrücklich geregelt werden. Auf diese Weise muss sich der Erwerber nicht auf gesetzliche Vermutungen verlassen, es können noch bestehende Gewährleistungs- und Garantieansprüche des Verkäufers mitübertragen und die Überleitung des existierenden Stromeinspeisungsvertrags geregelt werden. Schließlich kann die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer gesenkt werden.

Mehr

Steuerrecht
Schenkungsteuer durch Gewährung eines niedrig verzinslichen Darlehens

Schenkungsteuer durch Gewährung eines niedrig verzinslichen Darlehens

Wird bei Zahlungsverpflichtungen ein Zinsverzicht vereinbart oder sich auf einen lediglich symbolischen Zins geeinigt, besteht das Risiko einer schenkungsteuerlichen Erfassung. Die Finanzverwaltung und die untergerichtliche Rechtsprechung sieht in der Einräumung eines zu niedrig verzinsten Darlehens eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 ErbStG.

Mehr

SteuerrechtUnternehmensrecht
Notarieller Berichtigungsvermerk zu einem Gewinnabführungsvertrag hat keine steuerliche Rückwirkung

Notarieller Berichtigungsvermerk zu einem Gewinnabführungsvertrag hat keine steuerliche Rückwirkung

Was passiert, wenn die notarielle Urkunde einen offensichtlichen Fehler oder eine Lücke enthält? Solche offensichtliche Unrichtigkeiten können auch nachträglich durch einen vom Notar zu unterschreibenden Nachtragsvermerk richtiggestellt werden (§ 44a Abs. 2 BeurkG). Der BFH hat nun in steuerlichen Hinsicht eine rückwirkende Wirkung eines derartigen Vermerks abgelehnt.

Mehr

Notare internUnternehmensrecht
Digitalization of the Notary’s Office Part 2 – Online Video Notarization or Certification

Digitalization of the Notary’s Office Part 2 – Online Video Notarization or Certification

Since August 1, 2022, it has been possible to establish a GmbH or a UG (limited liability company) in a newly created video notarization procedure and to pass the accompanying resolutions at the same time (appointment of managing directors). In addition, applications to most public registers (commercial register, register of cooperatives or partnership register) can now be certified online.

Mehr

Unternehmensrecht
Brücker und Klühs Notare
Notarielle Beurkundungserfordernisse bei Wandeldarlehensvereinbarungen

Notarielle Beurkundungserfordernisse bei Wandeldarlehensvereinbarungen

Da mit dem Abschluss des Wandeldarlehensvertrags weder eine unmittelbare Kapitalerhöhung verbunden, noch eine direkte Übernahme vom Geschäftsanteilen verbunden ist, wurde auch bei einer GmbH bisher eine Beurkundungspflicht gemeinhin abgelehnt. Das OLG Zweibrücken hat nun den gegensätzlichen Standpunkt vertreten und eine Wandeldarlehensvereinbarung mit Wandlungsverpflichtung mangels Beglaubigung gem. § 55 Abs. 1 GmbHG für formnichtig erklärt. Für die Praxis ergeben sich aus der Entscheidung erhebliche Haftungsrisiken.

Mehr

Nachfolgeplanung und Vorsorge
Brücker und Klühs Notare
Zulässigkeit von In-sich-Geschäften des Testamentsvollstreckers

Zulässigkeit von In-sich-Geschäften des Testamentsvollstreckers

Nach der Rechtsprechung spricht der Umstand, dass der Erblasser einen Miterben zum Testamentsvollstrecker berufen hat, dafür, dass eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) gewollt war. Dies hat kürzlich auch noch einmal das OLG Köln (Beschluss vom 05.10.2022 – 2 Wx 195/22) bestätigt.

Mehr

ImmobilienrechtSteuerrecht
Brücker und Klühs Notare
Spekulationssteuer bei Veräußerung eines durch Erbteilserwerb angeschafften Grundstücksanteils

Spekulationssteuer bei Veräußerung eines durch Erbteilserwerb angeschafften Grundstücksanteils

Auch bei einem entgeltlichen Grundstückserwerb von den Miterben im Zusammenhang mit einem Erbfall ist zu beachten, dass darin in der Regel steuerlich eine Anschaffung liegt, die bei einer Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist zu einer Besteuerung des Veräußerungsgewinns führen kann. Das FG München hat dies kürzlich für einen Fall entschieden, in dem ein Miterbe die Erbanteile am Gesamtnachlass von den anderen Erben und damit mittelbar auch deren Mitbeteiligung an den im Nachlass befindlichen Grundstücke erworben hatte.

Mehr

Unternehmensrecht
Außerordentliche Kündigung wegen Verschmelzung des Vertragspartners

Außerordentliche Kündigung wegen Verschmelzung des Vertragspartners

Mit einer Verschmelzung nach § 2 UmwG bezwecken die hieran beteiligten Rechtsträger nicht selten die Herbeiführung der sog. Gesamtrechtsnachfolge. Diese gilt auch Vertragsverhältnisse. Die Rechtsprechung gewährt jedoch ein Sonderkündigungsrecht, wenn die Vertragsfortsetzung für den Vertragspartner unzumutbar ist.

Mehr

Notare internUnternehmensrecht
Datenschutz im Handelsregister

Datenschutz im Handelsregister

Durch eine Gesetzesänderung zur Umsetzung der EU-Digitalisierungsrichtlinie sind im Online-Portal der Handels- Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister seit 1. August 2022 sämtliche Inhalte ohne vorherige Registrierung und kostenfrei abrufbar. Das dadurch virulent gewordene Datenschutzproblem führte zu einer Änderung der Handelsregisterverordnung und bedingt eine angepasste Verfahrensweise im Notariat.

Mehr

Nachfolgeplanung und Vorsorge
Keine Sittenwidrigkeit eines Pflichtteilserlasses durch einen Sozialhilfeempfänger

Keine Sittenwidrigkeit eines Pflichtteilserlasses durch einen Sozialhilfeempfänger

Bereits im Jahr 2011 hat der BGH entschieden, der zu Lebzeiten des Erblassers beurkundete Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialleistungsbeziehers sei grundsätzlich nicht sittenwidrig. Nunmehr hat mit dem OLG Hamm ein erstes Obergericht diese Rechtsprechung auf einen nach dem Tod des Erblassers gegenüber den Erben erklärten Pflichtteilserlass übertragen.

Mehr