Inwieweit eine privat genutzte Immobilie bei einer Veräußerung der Gewinnbesteuerung unterliegt (§ 23 EStG), ist eine der häufigsten Steuerfragen, die auch an Notare herangetragen wird. Auch wenn der Notar in Steuerfragen nicht berät und in Zweifelsfragen daher letztverbindlich ein Steuerberater hinzugezogen werden sollte, ist es trotzdem wichtig, die neuesten Entwicklungen in der Rechtsprechung zu kennen. Insbesondere ist es von Interesse, wenn der BFH zu diesem Thema entscheidet.
Merkmal der „ausschließlichen eigenen Wohnnutzung“
Ausgenommen von der Spekulationssteuer sind Immobilien, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alt.) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (2. Alt.) genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Das Tatbestandsmerkmal der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ setzt in beiden Alternativen voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen zumindest zeitweise auch bewohnt wird. Nicht ausreichend ist hingegen, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne selbst darin zu wohnen.
Ausschließlichkeit der Eigennutzung bei zeitweise Vermietung von Messezimmern
In dem vom BFH entschiedenen Fall (Urteil vom 19.07.2022 – IX R 20/21) vermietete der Eigentümer eines 2011 erworbenen Reihenhauses in darauffolgenden Jahren zwei Zimmer im Dachgeschoss tageweise an Messegäste und erzielten daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Anlässlich des Verkaufs der Immobilie im Jahr 2017 setzte das Finanzamt teilweise Spekulationssteuer an. Die Bundesrichter bestätigten das Handeln der Finanzverwaltung. Zunächst sei der geringe Umfang der Vermietung im vorliegenden Fall (maximal 25 Tage im Jahr) unerheblich. Eine räumliche oder zeitliche Bagatellgrenze für eine unschädliche Vermietung an Dritte sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Die vorübergehende Nutzung einzelner Räume durch fremde Dritte schließe die Anwendung von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 – 1. Alternative EStG aber nicht insgesamt aus. Das Kriterium der Ausschließlichkeit beziehe sich auf die zeitlich durchgängige, nicht aber auf die räumliche Nutzung des Wirtschaftsguts. Hab der Steuerpflichtige einzelne Zimmer seiner Wohnung (vorübergehend) Fremden zur ausschließlichen Nutzung überlassen, die Wohnung aber im Übrigen durchgängig zu eigenen Wohnzwecken genutzt, sei die Tatbestandsausnahme nur teilweise zu versagen.
Fazit
Die Entscheidung schärft die Sinne für eine wahrscheinlich nicht seltene versteckte Steuerfalle. Notare werden für die Teilzeitvermietung des veräußerten Objekts regelmäßig keine Anhaltspunkte haben. Immobilienmakler oder andere Berater sollten jedoch für die Problematik sensibilisiert sein und ggf. die Hinzuziehung eines Steuerberaters empfehlen.
Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.