Eine Grundstückskaufvertrag ist grundsätzlich zur Sicherheit aller am Vertrag beteiligten Personen „Zug-um-Zug“ abzuwickeln (vgl. §§ 320, 322 BGB). jeder Vertragspartner kann die Leistung des anderen erst dann verlangen, wenn er gleichzeitig die eigene Leistung anbietet. Das bedeutet, dass der Käufer den Kaufpreis erst dann zu leisten hat, wenn sämtliche zum Vollzug der Eigentumsumschreibung und Lastenfreistellung erforderlichen Unterlagen unter vertragsgemäßen Auflagen vorliegen und der Verkäufer die Immobilie geräumt hat.
In der notariellen Praxis hat man immer wieder mit Fallkonstellationen zu tun, in denen sich die Vertragsparteien auf eine (teilweise) vorzeitige Zahlungspflicht des Käufers einigen. Sehr häufig ist dabei die Variante, in der es dem Verkäufer noch nicht möglich ist, zeitnah ausziehen, er die Kaufpreismittel aber bereits benötigt, um seine neue Bleibe in einen bezugsreifen Zustand zu versetzen und/oder den Umzug zu finanzieren. Um dem Verkäufer die Kosten einer bankseitigen Zwischenfinanzierung zu ersparen, einigen sich die Vertragsparteien hier dann nicht selten vorvertraglich darauf, dass der Käufer zeitlich mitunter sehr weit im Voraus bereits eine Anzahlung auf den Kaufpreis an den Verkäufer.
Vertragliche Absicherung des Vorleistungsrisikos
Beabsichtigt eine Vertragspartei eine Vorleistung zu erbringen, so ist es die Aufgabe des Notars, diese so gut wie möglich abzusichern. In der vorbeschriebenen Konstellation ist dem anzahlenden Käufer zu raten, die Anzahlung erst zu erbringen, wenn sein Eigentumsverschaffungsanspruch durch Eintragung einer Vormerkung abgesichert ist und für die vorrangigen, nicht zu übernehmenden Rechte Lastenfreistellungsunterlagen vorliegen, über die gegen Leistung der Kaufpreisrestzahlung verfügt werden kann. Auf diese Weise beschränkt sich das Käuferrisiko auf die zum Zeitpunkt der Vorleistung fehlende Räumung des Kaufobjekts, die aber durch eine entsprechende Räumungsverpflichtung mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung des Verkäufers abgesichert sein sollte.
Bei Kaufpreisvorleistung droht Grunderwerbsteuererhöhung
Auch die beste Vertragsgestaltung kann jedoch nicht verhindern, dass die Finanzverwaltung die vorzeitige Erbringung der Anzahlung als Gewährung eines geldwerten Vorteils in Gestalt der vorzeitigen Kapitalnutzungsmöglichkeit durch den Verkäufer qualifiziert. In diesem Fall wird sie als (zusätzliche) Gegenleistung i.S.d. § 8 Abs. 1 GrEStG angesehen und führt zu einer entsprechenden Erhöhung der Grunderwerbsteuer des Käufers.
So hat der BFH bereits im Jahr 1994 (Urt. v. 12.10.1994 – II R 4/91) in einem vergleichbaren Fall festgestellt, dass zur Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinn jede Leistung gehöre, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt. Als eine solche Gegenleistung hatte der BFH bereits zuvor regelmäßig die Verpflichtung des Grundstückskäufers angesehen, dem Grundstücksverkäufer ein zinsloses oder zinsverbilligtes Darlehen zu gewähren. Nun urteilte er, dass der zinslosen Darlehensgewährung und der Vorleistung des Kaufpreisteils gemeinsam sei, dass in beiden Fällen dem Verkäufer ein geldwerter Vorteil und damit ein (zusätzliches) grunderwerbsteuerrechtlich zu erfassendes Entgelt in Gestalt der unentgeltlichen Überlassung von Kapitalnutzungsmöglichkeiten zugewendet werde.
Fazit
Will der Käufer einer Immobilie dem Verkäufer bei Zahlung des Kaufpreises zeitlich entgegenkommen, so ist es in der Regel nicht damit getan, wenn der notarielle Kaufvertrag Regelungen zur Absicherung des Vorleistungsrisikos des Käufers enthält. Vielmehr sollte die Problematik der Grunderwerbsteuererhöhung erörtert und eine Regelung über die diesbezügliche Lastentragung vorgesehen werden. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, die geplante Anzahlungspflicht rechtzeitig mit dem beurkundenden Notar abzustimmen.
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