Testamentarische Verfügung zugunsten von Betreuern und Pflegepersonen können unwirksam sein

Immer mehr Menschen erreichen nicht zuletzt aufgrund des medizinischen Fortschritts ein Alter, in dem sie auf fremde Hilfe im Alltag angewiesen sind. Nicht selten werden für hilfebedürftige Personen auch gerichtliche Betreuer bestellt oder es handelt ein Vorsorgebevollmächtigter.

Häufig werden Notare beauftragt, letztwillige Verfügungen von hilfebedürftigen Senioren zu beurkunden, in denen Pflegepersonen, Alltagshelfer, Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte zu Erben berufen werden sollen. Als Auftraggeber tritt in diesen Fällen vermehrt die Hilfs- bzw. Vertretungsperson auf.

Abhängig vom körperlichen und geistigen Zustand der testierenden Person stellt sich für den Notar zunächst das Problem der Ermittlung der Testierfähigkeit, die er in der Niederschrift feststellen muss (§ 28 BeurkG). Da der Notar selbst in der Regel kein Mediziner ist, tut er gut daran, vor Beurkundung auf eine Begutachtung der testierenden Person durch einen Neurologen oder zumindest den Hausarzt hinzuwirken.

Aber auch unabhängig von der körperlichen und geistigen Urteilsfähigkeit der testierenden Person muss in derartigen Konstellationen das soziale Abhängigkeitsverhältnis zu der Hilfs- bzw. Vertretungsperson in den Blick genommen werden. In Einzelfällen nutzt nämlich dieser Personenkreis die körperlich und soziale Abhängigkeit aus, um Einfluss auf den Inhalt von letztwilligen Verfügungen zu nehmen.

Gesetzlich verboten ist die Einsetzung zum Erben bislang nur im Einzelfall; So untersagen § 14 HeimG bzw. § 7 Wohn- und Teilhabegesetz NRW die Gewährung von Geld oder geldwerten Leistungen an Heime oder Heimmitarbeiter bzw. von anderen Leistungserbringern von stationären Betreuungsleistungen. Der Bereich der ambulanten Pflege bzw. Betreuung ist dagegen bislang nicht geregelt.

Hierfür hat nun das OLG Celle (Urt. v. 07.01.2021, Az. 6 U 22/20) geurteilt, dass ein notarielles Testament zugunsten eines Berufsbetreuers sittenwidrig sein kann, wenn der Betreuer seine gerichtlich verliehene Stellung und seinen Einfluss dazu benutzt, gezielt auf einen älteren, kranken und alleinstehenden Erblasser einzuwirken und ihn dazu zu bewegen, vor einem von ihm herangezogenen Notar ihn seinem Sinne zu verfügen.

Der Gesetzgeber hat in der aktuellen Betreuungsrechtsreform für den beruflichen Betreuer ein gesetzliches Verbot zur Entgegennahme von testamentarischen Zuwendungen geregelt (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BtOG), welches aber erst zum 01.01.2023 in Kraft treten wird. Bis dahin und für die anderen, auch zukünftig nicht geregelten Hilfspersonen wird die neue Rechtsprechung des OLG Celle relevanz behalten.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an. 

Dr. Hannes Klühs

2 Aug, 2021

Weitere Themen

Steuerrecht
BFH schränkt Ausnahme von Spekulationsteuer wegen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ein

BFH schränkt Ausnahme von Spekulationsteuer wegen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ein

Ausgenommen von einer Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind Immobilien, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Der BFH schränkt nun mit zwei praxisrelevanten Urteilen den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des  § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ein.

Mehr

ImmobilienrechtSteuerrecht
Brücker und Klühs Notare
Zuwendung eines Immobiliennießbrauchs an Kinder ist keine missbräuchliche Gestaltung

Zuwendung eines Immobiliennießbrauchs an Kinder ist keine missbräuchliche Gestaltung

Um die gegenüber den Kindern ohnehin bestehenden Barunterhaltspflicht nachzukommen sowie Steuerfreibeträge der Kinder und das steuerliche Progressionsgefälle zu den Eltern auszunutzten, kann an vermieteten Immobilien ein Immobiliennießbrauch zugunsten der Kinder begründet werden. Diese Gestaltung ist nach dem BFH dann nicht rechtsmissbräuchlich, wenn die Nutzungsberechtigten im Außenverhältnis als Vermieter in Erscheinung treten.

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Notare
Genehmigung des Familien-, Betreuungs- oder Nachlassgerichts der aufgrund Finanzierungsvollmacht bestellten Grundschuld

Genehmigung des Familien-, Betreuungs- oder Nachlassgerichts der aufgrund Finanzierungsvollmacht bestellten Grundschuld

Die meisten Grundbuchämter in Deutschland verlangen für die Eintragung von Grundpfandrechten auf der Grundlage einer in einem genehmigungsbedürftigen Kaufvertrag enthaltenen Belastungsvollmacht eine eigenständige gerichtliche Genehmigung. Nunmehr hat sich das OLG Düsseldorf gegen diese Meinung gestellt und entschieden, dass die Bestellung einer Grundschuld zur Kaufpreisfinanzierung dann nicht dem Erfordernis einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung unterfällt, wenn die Grundschuld vom Grundstückskäufer in Ausübung einer ihm im notariellen Grundstückskaufvertrag erteilten, konkret umgrenzten Belastungsvollmacht bestellt worden ist.

Mehr

Unternehmensrecht
Firmierung als „Institut“ nicht wegen Irreführung unzulässig

Firmierung als „Institut“ nicht wegen Irreführung unzulässig

Gemäß § 18 Absatz 2 HGB darf die Firma eines Handelsgewerbes keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für Rechtsverkehr wesentlich sind, irrezuführen. Nach dem OLG Düsseldorf verleitet alleine die Verwendung des Zusatzes „Institut“ in einer Firma einer GmbH die angesprochenen Verkehrskreise nicht mehr automatisch zu der Vorstellung, es handele sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehende, der Allgemeinheit und der Wissenschaft dienende Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal.

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Eingangsbereich
Kaufvertraglicher Begriff „Wohnung“ enthält keine Beschaffenheitsgarantie für baurechtliche Unbedenklichkeit

Kaufvertraglicher Begriff „Wohnung“ enthält keine Beschaffenheitsgarantie für baurechtliche Unbedenklichkeit

Sind verkaufte Wohnflächen zumindest teilweise nicht baurechtlich als Wohnraum genehmigt, kann der Käufer nur dann gegen den Verkäufer vorgehen, wenn dieser diesen Umstand arglistig verschwiegen hat oder insofern eine vertragliche Beschaffenheit oder Garantie vereinbart wurde. Die Bezeichnung „Wohnung“ im Kaufvertrag führt dabei nicht automatisch zu einer entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung, da lediglich der rein tatsächliche Zustand der Räumlichkeiten beschrieben und gerade keine vorbehaltslose, verschuldensunabhängige und intensivierte Einstandspflicht für die baurechtliche Unbedenklichkeit der Wohnung übernommen werden soll.

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Notare
Höhe der Instandhaltungsrücklage keine Beschaffenheit der verkauften Wohnung

Höhe der Instandhaltungsrücklage keine Beschaffenheit der verkauften Wohnung

Heutzutage wird die anteilige Instandhaltungsrücklage nur noch selten in Wohnungseigentumskaufverträge aufgenommen. Das OLG Koblenz musste nun entscheiden, dass wenn ein entsprechender Geldbetrag im Vertrag genannt wird, dies in der Regel keine zugesicherte Beschaffenheit darstellt, für deren Richtigkeit der Verkäufer haften möchte.

Mehr

Unternehmensrecht
Regelung zum Gründungsaufwand in der GmbH-Satzung – Update

Regelung zum Gründungsaufwand in der GmbH-Satzung – Update

Eine Übernahme der Gründungskosten durch die neu gegründete GmbH ist nur bei hinreichender Satzungsgrundlage zulässig. Neuerdings verlangen Obergerichte hierfür nicht nur die namentliche Nennung der Kostenpositionen sowie einen geschätzten Gesamthöchstbetrag, sondern zusätzlich die Bezifferung der einzelnen Kostenpositionen. Hieraus ergeben sich schwerwiegende Probleme für die Registerpraxis.

Mehr

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Brücker und Klühs Immobilienrecht
Gestaltung eines bedingten Immobiliennießbrauchs bei nicht verheirateten Lebenspartnern

Gestaltung eines bedingten Immobiliennießbrauchs bei nicht verheirateten Lebenspartnern

Wenn die gemeinsam bewohnte Immobilie im Alleineigentum eines Partners steht, besteht häufig der Wunsch, den jeweils anderen insbesondere für den Fall des Vorversterbens des Eigentümers grundbuchlich abzusichern. Der auf den Tod des Eigentümers aufschiebend bedingten Nießbrauch, sollte um im Fall einer lebzeitigen Auflösung der Lebenspartnerschaft eine Löschung des Rechts gewährleisten zu können, zusätzlich auflösend bedingt auf die „Beendigung der Lebensgemeinschaft“ vereinbart werden. Diese Möglichkeit ist nunmehr durch die Rechtsprechung auch grundbuchrechtlich abgesichert worden.

Mehr

ImmobilienrechtSteuerrecht
Kein Ausschluss der Grunderwerbsteuererstattung wegen nicht fristgerechter Anzeige durch den Notar

Kein Ausschluss der Grunderwerbsteuererstattung wegen nicht fristgerechter Anzeige durch den Notar

Jede Nichtfestsetzung oder Erstattung der Grunderwerbsteuer gemäß § 16 GrEStG setzt allerdings voraus, dass der Erwerbsvorgang, der rückgängig gemacht werden soll, nach den §§ 18, 19 GrEStG fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt worden ist. Der BFH hat nun geurteilt, dass die verspätete Anzeige durch einen Notar durchaus eine fristgerechte Anzeige des Beteiligten darstellen kann, soweit die Anzeige an sich in allen Teilen vollständig ist.

Mehr