Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen hat der Gesetzgeber die Bedeutung der im Handelsregister aufzunehmenden Gesellschafterlisten für GmbHs deutlich erhöht. § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG bestimmt für das für Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter allein die Maßgeblichkeit der Eintragung des Gesellschafters in der Gesellschafterliste. Diese unwiderrufliche Legitimationswirkung gilt für die Geltendmachung sämtlicher Gesellschafterrechte und -pflichten, ohne dass es auf wahre Berechtigung ankommt. Daraus folgt, dass ein Beschluss, der nicht von dem Listengesellschafter gefasst wird, nichtig ist.
Wirksamkeit der Rechtshandlung bei unverzüglicher Einreichung
Um bei Änderungen im Gesellschafterbestand dem Erwerber die Möglichkeit zu eröffnen, unmittelbar nach Rechtswirksamkeit des Erwerbs an Gesellschafterbeschlüssen mitzuwirken, bestimmt § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG vom Erwerber vorgenommene Rechtshandlung in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis als von Anfang an wirksam, wenn die neue Gesellschafterliste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird. Die rechtlichen Grenzen dieser Ausnahmevorschrift waren nun Gegenstand einer obergerichtlichen Entscheidung.
OLG Schleswig entscheidet zur Unverzüglichkeit
Der Entscheidung des OLG Schleswig (Beschluss, 20.3.2023, 2 Wx 56/22) lag folgender Sachverhalt zu Grunde. Mit notarieller Urkunde übertrug der Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH sämtliche Geschäftsanteile auf einen Erwerber, der in gleichen Urkunde eine Gesellschafterversammlung beurkunden ließ, in der Satzungsänderungen und der Geschäftsführerwechsel beschlossen wurden. Die am selben Tag unterschriebene Handelsregisteranmeldung und die neue Gesellschafterliste reichte die Notarin erst 27 Tage nach Beurkundung beim Handelsregister ein.
Das Handelsregister und ihm folgend das OLG hielten die beurkundeten Beschlüsse für unwirksam. Da der veräußernde Listengesellschafter laut der Urkunde nicht an der Beschlussfassung beteiligt war, kam es auf die bislang ungeklärte Frage an, ob die Aufnahme in das Handelsregister noch unverzüglich erfolgte. Zwar folgte der Senat der Argumentation der Notarin, dass es für die Beurteilung der Unverzüglichkeit, entgegen dem anderslautenden Wortlaut, statt auf die Aufnahme im Handelsregisterordner, vielmehr auf den Zeitpunkt der Einreichung der Liste durch die Notarin ankommt. Eine verzögerte Bearbeitung durch das Handelsregister könne schließlich nicht zu Lasten des neuen Gesellschafters gehen.
Zwei Wochen Grenze für Unverzüglichkeit
Allerdings beurteilten die Richter die beinahe vier Wochen nach Beschlussfassung übersandte Liste nicht mehr als unverzüglich eingereicht. Unverzüglich – ohne schuldhaftes Verzögern – im Sinne des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG sei eine Einreichung zum Handelsregister allenfalls dann, wenn sie zeitnah, d.h. innerhalb einer Frist von höchstens zwei Wochen nach Vornahme der Rechtshandlung erfolge. Bei der Einreichung einer neuen Gesellschafterliste handele es sich um einen überschaubaren Vorgang, der – zumal durch ein Notariat – routiniert und schnell binnen weniger Werktage abgewickelt werden könne. Insofern überwiege das gesetzgeberische Interesse, den Gesellschafterbestand stets aktuell, lückenlos und unproblematisch nachvollziehbar zu halten. Der Verweis der Notarin auf die Coronapandemie und den Fachkräftemangel genüge als Entschuldigung schon im Ansatz nicht.
Fazit
Für den beurkundenden Notar ist einerseits tröstlich, dass die Rechtsprechung nunmehr offenbar die Einreichung der neuen Gesellschafterliste für maßgeblich für die Unverzüglichkeit ansieht. Andererseits ist die vorgegebene 2-Wochen Frist sehr knapp bemessen, sodass bei ausstehenden Vollzugsvoraussetzungen (Bestätigungen, Genehmigungen, Zustimmungen) immer darauf hingewirkt werden sollte, dass auch der Verkäufer an der Beschlussfassung mitwirkt oder dem Käufer eine entsprechende Stimmrechtsvollmacht erteilt.
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