Wirksamkeit der gleichzeitigen Niederlegung des Geschäftsführeramtes durch beide Geschäftsführer

Immer noch beschäftigten Fälle die Gerichte, in denen Geschäftsführer von in die Krise geratenen GmbHs ihr Amt niederlegen und die Gesellschaft führungslos zurücklassen. Insbesondere dann, wenn der einzige Geschäftsführer, der zugleich alleiniger Gesellschafter oder maßgeblicher Mehrheitsgesellschafter ist, sein Amt niederlegt, ohne zugleich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen, wurde die Amtsniederlegung als rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam angesehen.

Auch nach MoMiG bleibt die Amtsniederlegung des Allein-/Mehrheitsgesellschafters rechtsmissbräuchlich

Diese Einschätzung der Gerichte hat sich im Grundsatz auch nicht dadurch geändert, dass es das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts (MoMiG) seit 2008 in Fällen der Führungslosigkeit der Gesellschaft ermöglicht, Willenserklärungen an die Gesellschafter oder an die inländische Geschäftsanschrift abzugeben bzw. dort Zustellungen vorzunehmen und es den Gesellschaftern zur Pflicht macht, bei Vorliegen der Voraussetzungen Insolvenzantrag zu stellen.

Fall des OLG Nürnberg

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung versuchen Geschäftsführer immer wieder durch teilweise sehr kreative Vorgehensweise, ihre Löschung im Handelsregister zu erreichen. Über den jüngsten Versuch hatten nun das OLG Nürnberg zu entscheiden (Beschl. v. 12.05.2021, Az. 12 W 502/21). Die einzigen zwei Geschäftsführer der Gesellschaft, die weder allein, noch zusammen Mehrheitsgesellschafter der Gesellschaft waren, legten innerhalb weniger Tage ihr Amt, aufschiebend bedingt auf ihre Löschung im Handelsregister, nieder und reichten die jeweiligen Anmeldungen derselben zum Handelsregister ein.

Parallele Amtsniederlegungen sind zusammen beurteilt rechtsmissbräuchlich und unwirksam

Das OLG Nürnberg hielt beide Amtsniederlegungen für rechtsmissbräuchlich. Aufgrund der nahezu parallel vollzogenen Niederlegungen seien die Anträge nicht getrennt voneinander, sondern gemeinsam zu bescheiden. Das Gericht ging dabei weiter davon aus, dass die Gesellschaft durch die Amtsniederlegungen der Geschäftsführer führungslos werde. Dem stehe nicht entgegen, dass die beteiligten Geschäftsführer weder alleine, noch zusammen Mehrheitsgesellschafter der Gesellschaft waren. Da nämlich ein Teil der Geschäftsanteile durch die Gesellschaft selbst gehalten wurde und für weitere Anteile das Stimmrecht aufgrund eines Erbfalles ausgeschlossen war, folgerte das Gericht, dass die beteiligten Geschäftsführer zusammen analog einem Mehrheitsgesellschafter die faktische Möglichkeit gehabt hätten, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Indem sie dies unterließen, handelten sie im Hinblick auf ihre Amtsniederlegung rechtsmissbräuchlich.

Fazit

Das OLG Nürnberg verstärkt die ohnehin evidente Tendenz in der Rechtsprechung, Amtsniederlegungen von Gesellschafter-Geschäftsführern, die eine Führungslosigkeit der Gesellschaft zur Folge haben, für unwirksam zu erklären. Fremdgeschäftsführer können ihr Amt dagegen auch dann wirksam niederlegen, wenn sie im Zeitpunkt der Niederlegung der einzige Geschäftsführer sind, da die Gesellschafter jederzeit einen neuen Geschäftsführer bestellen können (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 17.07.2017, Az. 5 W 51/17).

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

25 Jan, 2022

Weitere Themen

Nachfolgeplanung und Vorsorge
Brücker und Klühs Notare
Testierunfähigkeit bei unter Betreuung stehenden Personen

Testierunfähigkeit bei unter Betreuung stehenden Personen

Nach § 11 Abs. 1 BeurkG soll ein Notar die Beurkundung ablehnen, wenn einem Beteiligten nach Überzeugung des Notars die erforderliche Geschäftsfähigkeit fehlt. Es verbietet sich jedoch jede generalisierende Betrachtung der Testierfähigkeit aufgrund einer angeordneten gesetzlichen Betreuung. Vielmehr gilt auch zugunsten von unter Betreuung stehenden Personen die allgemeine Vermutung, dass der Beteiligte geschäftsfähig ist.

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Eingangsbereich
Besichtigungsrecht einer Mietwohnung bei Wohnungsverkauf

Besichtigungsrecht einer Mietwohnung bei Wohnungsverkauf

Will ein Vermieter seine Wohnung verkaufen, so benötigt er zu diesem Zweck Zugang zum Mietobjekt, um Kaufinteressenten durch die Wohnung führen zu können. Der BGH hat nun festgehalten, dass die Verkaufsabsicht des Vermieters ein sachlicher Grund ist, der ein Zutritts- oder Besichtigungsrecht der Mietwohnung vermittelt, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Mietvertrag festgehalten wurde. Dagegen kann sich der Mieter nur ausnahmsweise verteidigen, etwa wenn er durch die Besichtigung der Wohnung der Gefahr schwerwiegender Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar einer Lebensgefahr ausgesetzt würde.

Mehr

ImmobilienrechtSteuerrecht
Brücker und Klühs
Der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung im Immobilienkauf bei Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts

Der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung im Immobilienkauf bei Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts

Die Aufnahme einer Umsatzsteueroption erfolgt in notariellen Grundstückskaufverträgen regelmäßig ausschließlich zur Wahrung der von der Finanzverwaltung geforderten Form des § 311b BGB, führt aber nicht dazu, dass die Umsatzsteuer Bestandteil des Kaufpreises würde. In denjenigen Fällen, in denen ein gemeindliches Vorkaufsrecht in Betracht kommt, kann es sich anbieten, für eine dementsprechende Bindung der Gemeinde in der Urkunde den Nettopreis zuzüglich betragsmäßig aufgeführter Mehrwertsteuer auszuweisen und den Bruttobetrag als Kaufpreis zu vereinbaren.

Mehr

Unternehmensrecht
Registeranmeldungen durch zukünftige Geschäftsführer

Registeranmeldungen durch zukünftige Geschäftsführer

In der notariellen Praxis wollen Beteiligte aus Zeitgründen häufig bereits eine Handelsregisteranmeldung unterschreiben, ohne dass die für Einreichung erforderlichen Unterlagen oder Voraussetzungen vorliegen. Das OLG Brandenburg hat nun für die Anmeldung eines Geschäftsführerwechsels entschieden, dass diese erst nach Beschlussfassung durch die Gesellschafter unterzeichnet werden kann.

Mehr

Immobilienrecht
Rechtsfolgen eines Käuferirrtums über die Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Kaufgegenstand

Rechtsfolgen eines Käuferirrtums über die Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Kaufgegenstand

Werden dem Notar durch die Beteiligten und ggf. den beauftragten Makler die zu verkaufenden Grundstücke nur unvollständig mitgeteilt, können einzelne Flurstücke bei der Beurkundung vergessen werden. Schlimmer sind diejenigen Fälle, in denen nur eine Seite irrtümlich von der Zugehörigkeit eines Flurstücks zum Kaufgegenstand überzeugt ist. Hier hat der BGH nun Leitlinien aufgestellt.

Mehr

Immobilienrecht
Heilung eines Verstoßes gegen den Halbteilungsgrundsatz durch abweichende Rechnungsstellung

Heilung eines Verstoßes gegen den Halbteilungsgrundsatz durch abweichende Rechnungsstellung

Ein Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz des § 656c BGB führt nach herrschender Meinung zu einer Unwirksamkeit des Maklervertrags auf der Erwerberseite. Nach der Rechtsprechung kann der Makler den Verstoß nicht dadurch heilen, indem er die Provision schlussendlich doch paritätisch einfordert.

Mehr

Unternehmensrecht
Löschung personenbezogener Daten aus dem Handelsregister

Löschung personenbezogener Daten aus dem Handelsregister

Das Problem der Datensicherheit im Handelsregisterverfahren wurde zuletzt durch die Gesetzesänderung zur Umsetzung der EU-Digitalisierungsrichtlinie in das Bewusstsein der Betroffenen gerückt. Erste Entscheidungen von Obergerichten lehnen jedoch nachträgliche Löschung von Daten oder Schwärzung von Dokumenten ab. Der BGH und ggf. auch erneut der Gesetzgeber werden sich mit dem Thema beschäftigen müssen.

Mehr

Immobilienrecht
Folgen der Nichtvorlage eines Energieausweises beim Immobilienverkauf nach dem GEG

Folgen der Nichtvorlage eines Energieausweises beim Immobilienverkauf nach dem GEG

Die gesetzlichen Anforderungen zum Energieausweis sind durch die Einführung des GEG nochmals verschärft worden. Ein Verstoß gegen die Vorgaben kann sowohl ein Bußgeld, als auch wettbewerbsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Auswirkungen auf dessen Maklerlohn hat ein entsprechender Verstoß durch den Makler jedoch nicht. Auch der notarielle Kaufvertrag kann unabhängig von der Vorlage des Energieausweises beurkundet werden.

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Notare
Ohne Kernsanierung keine Haftung für unrenovierte Altbausubstanz

Ohne Kernsanierung keine Haftung für unrenovierte Altbausubstanz

Werden Altbauimmobilien saniert und weiterverkauft, stellt sich die Frage der Mängelhaftung für die vom Umbau unberührt gebliebene Altbausubstanz. Für diese haftet der Bauträger nur dann, wenn er sich zu Bauleistungen verpflichtet, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar sind.

Mehr

Immobilienrecht
Deklaratorische Maklerklausel führt nicht zur Notarkostenhaftung des Maklers

Deklaratorische Maklerklausel führt nicht zur Notarkostenhaftung des Maklers

Für Immobilienmakler ist es zur Vermeidung eigener Kostenhaftung wichtig, bei Beauftragung eines Kaufvertragsentwurfes unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, welche Vertragspartei Auftraggeber ist. Ist dies jedoch erfolgt, können Notare das schlichte Verlangen des Maklers nach einer deklaratorischen Maklerklausel nicht zum Anlass nehmen, den Makler im Fall der Nichtbeurkundung des Vertrags kostenrechtlich zu belangen.

Mehr